Begegnungen von Trauernden in einer Gesprächsrunde mit Jasmin Gerat in Berlin
Der prominenten Schauspielerin Jasmin Gerat begegne ich das erste Mal, während sie vertieft vor dem Bild eines Trauertattoos steht. Als ich mich vorstelle, sehe ich Tränen in ihren Augen. Es werden nicht die letzten sein. Gleich wird sie als Botschafterin des Kinderhospizes eine Gesprächsrunde zur Eröffnung der Ausstellung im Sonnenhof in Berlin-Pankow moderieren: „Es berührt mich sehr und ich staune über die Offenheit mit der all diese Menschen über ihre Trauer sprechen“, sagt sie.
Die Ausstellung steht direkt im Foyer des Hospizes und an diesem Kinderhospiztag ist der Raum voll mit Besuchern. Immer wieder werde ich angesprochen. „Was für beeindruckende Fotos!“ „Gut, dass die Ausstellung zwei Wochen hier steht, ich kann gar nicht alle auf einmal lesen. Es ist so „emotional.“ „Mich berührt vor allem das Foto des Mannes, der ein Pferchen auf seinen Arm tätowiert hat.“ - nur einige der erste Rückmeldungen.
Rebecca Vandrey, Kindertrauerbegleiterin im Kindertrauerzentrum hat die Ausstellung nach Berlin geholt: „Wir freuen uns sehr über die Ausstellung. Es ist sehr berührend, so viele ganz unterschiedliche Menschen vor den Bildern stehen zu sehen und mit ihnen dann ins Gespräch zu kommen. Wir haben bisher durchweg positive Resonanz erhalten! Vielen, vielen herzlichen Dank! “
Eine Stunde lang moderiert Jasmin Gerat dann ein Gespräch mit Gabi Schroth und Martina Otto, zwei Protagonistinnen aus der Ausstellung und mit mir, Katrin Hartig.
Gabi ist extra aus Leipzig angereist. Martina aus Magdeburg. Im Herzen reisen ihre verstobenen Kinder mit. Vor etwa 40 Interessierten erzählen wir von Tattoos, der eignenTrauer, Symbolik und der Suche nach Ausdruck.
„Bei uns hat Ihr Buch und die Ausstellung eine ganze Lawine an Gesprächen und Überlegungen über Trauertattoos ausgelöst“, berichtet lächelnd ein Vater aus der Berliner Gruppe der Verwaisten Eltern. Eine Mutter zeigt gleich ihr neues Tattoo. Und hinten in der Sitzgruppe entwirft ein Tätowier mit einer Verwaisten Mutter ein Trauertattoo nach ihren Wünschen. Im Publikum sitzt auch Franziska Burkhard. Sie hat sich für ihren Bruder Jacob ein Tattoo gestochen. Nun hat sie ihre ganze Familie mitgebracht. Ihr kleiner Sohn tobt durch den Garten, während die Großmutter unter Tränen erzählt: „Ja, Franziska hat sich dieses Tattoo noch vor der Beerdigung stechen lassen. Aber für uns kam das nicht in Frage, weil ich gar keine Idee hatte. Inzwischen, nach sechs Jahren, habe ich eine. Wir haben ein Foto, auf dem wir alle, die Hand unseres Sohnes festhalten.“ Vielleicht wird es ja das.
Jasmin Gerat stellt Fragen und nimmt Fragen aus dem Publikum auf. Sie ist nach der Geburt ihres ersten Kindes dankbar für dieses tiefe Erlebnis gewesen und hat sich danach auf die Suche gemacht: „Ich wollte meine Zeit für etwas Sinnvolles nutzen. Und deshalb habe ich 2009 eine Ausbildung gemacht zur Sterbebegleiterin, weil ich meine Zeit schenken wollte. Vor vier Jahren kam ich zum Sonnenhof. Ich will meine öffentliche Position nutzen, das Thema Tod und Trauer bewusster in die Gesellschaft zu bringen.“ Und genau das tut sie sehr sensibel und zugewandt an diesem Nachmittag, am deutschlandweiten Kinderhospiztag inmitten der Fotos unserer Ausstellung der Trauertattoos.
„Oh, Mann!, ich bin so berührt!“, sagt Jasmin Gerat nach eine guten Stunde und atmet tief aus, sich dabei die Tränen aus den Augen wischend. „…über diese Offenheit und diese Kraft, die von euch allen ausgeht. Ich wünsche der Ausstellung noch viele Orte, damit sie möglichst viele Menschen sehen können.“
Es ist der 20. Ort, an denen die Wanderausstellung der „Trauertattoos - Gefühlslandschaften auf unserer Haut“ zu sehen sind.
Aufgeschrieben von Katrin Hartig
Alle Inhalte des Artikels ©Uta Kellermann